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„Von Bildern und Büchern“

Ausstellung von Andre Beutler im Steinhaus Nagold, 2010

Andre Beutler muss man hier in der Region eigentlich nicht mehr extra vorstellen. Vor 40 Jahren geboren in Nagold, wohnhaft in Walddorf, Studium der Malerei an der Kunstakademie Stuttgart, machte er 2001 bei der Aktion „Kunst auf Abwegen“ auf sich aufmerksam und hat seitdem in der Region verschiedentlich ausgestellt und zahlreiche Freunde und auch Käufer seiner Kunst gefunden. Ich bekenne: auch ich gehöre zu dem weiteren Kreis seiner Fangemeinde, mag vor allem seine Art zu malen: lebendig, kräftig, authentisch. Entgegen immer wiederkehrenden Kassandrarufen ist die Malerei von Hand, auch die Zeichnung, eben noch nicht gestorben- und ich bin mir absolut sicher, dass die neuen Kunstformen und die digitalen Medien, die an Ihre Seite getreten sind und sie natürlich auch beeinflussen, die Malerei selber aber niemals verdrängen oder ersetzen werden. Mit Beutlers eigenen Worten: “Es wird so lange Malerei geben wie es leere Wände gibt“ -und man sollte hinzufügen: So lange es Menschen gibt, die schlichtweg malen müssen um sich auszudrücken,um zu kommunizieren- und dies auch können wie Andre Beutler.

Erst einmal solten wir dem Titel der Ausstellung Beachtung schenken: “Von Bildern und Büchern“ ,und es stellt sich natürlich die Frage nach der Beziehung in der Wort und Bild hier stehen. Die Bildbücher zeigen Federzeichnung kombiniert mit Kalligrafie, Ölmalerei, Acryl, Bleistiftzeichnung, Collage…, allesamt Techniken, die wir bei Andre Beutler ja auch ausserhalb der Bücher finden, so dass sich die Frage nach der Absicht bei der Buchform stellt und was es damit Anderes als in den ungebundenen Tafelmalereien auf sich haben könnte. Es liegt sofort die Funktion als Tagebuch nahe und Reisetagebücher sind nach Beutlers Aussage auch der Ursprung seiner Bildbücher. Hinzu kam die Absicht, Eindrücke nicht nur zeichnerisch, sondern auch literarisch festzuhalten oder zu kommentieren. Lakonisch sagt Beutler, das habe er dann auch im Atelier so beibehalten und hebt hervor, er schätze dabei, dass die Arbeit in Büchern oft spontaner und direkter von der Hand geht als das Bemalen grosser Leinwände. Klar, das liegt natürlich am kleinen Format, sicher aber auch an dem Privaten einer Aufzeichnung im Buch; sie ist erst einmal nicht öffentlich gemeint und muss sich somit nicht gleich der Kritik stellen, ist daher auch nicht unbedingt so durchzuarbeiten und behält mehr als Notiz, als Skizze das Frische des Moments, das Spontane. Künstlerbücher kennen wir ja aus der Kunstgeschichte und schätzen diese Arbeiten eben als besonders nah an der Psyche, an der Seele des Künstlers,sie haben etwas Seismographisches. Gleichzeitig sind sie auch Experimentierfeld und gewähren oft Einblicke in die Entwicklung der Auseinandersetzung mit einem Thema.

Wie schon bei den Texten, hält Beutler auch die Lesart seiner Bilder offen, Figuren und Symbole können vielschichtige, mehrdeutige Beudeutungsträger sein, manchmal wechseln die Bilder sogar ihre Titel oder besitzen mehrere. Simultane Sinnebenen überlagern und verweben sich in den Bildern. Das Rezipieren des Bildes ist- analog zum Erfahren im Leben – dynamisch, selten einsträngig. Gefragt was gute Kunst für ihn sei, antwortet Beutler: “Wenn ich immer etwas Neues, dabei allerdings Stimmiges in den Bildern sehen kann. “ Es ist ein Charakteristikum, dass die Art des Denkens im Bereich der Malerei nicht statisch, sondern dynamisch ist. Das gilt für die Rezeption wie für die Produktion, die beide durchaus eine Art des Denkens sind.

Das führt uns zum letzten Punkt unserer Betrachtungen, zum Prozess des Bildererstellens. Das ist ja der Nukleus des ganzen, Mittelpunkt und Schatztruhe zugleich. Die Blumenbilder zeigen mit der Hand und den Fingern verteilte Ölfarbe und berichten neben der Farbenfülle vor allem von der Malaktion, sehr frei, ebenso die Landschaftsassoziationen, die mir besonders gefallen. Diese Bilder wirken „leichter“ im Vergleich mit den thematischen, programmatischen großen Bildern, jene wirken mehr „gearbeitet, erarbeitet, errungen“. Aber überall beeindruckt mich die Präsenz der Bilder durch ihre lebendige, bewegte Malweise, ihre Eindringlichkeit und Intensität.

Joachim Ploghöft